Gummiseilstart – Zeitreise in die Vergangenheit

Foto eines Gummistarts in den 1920er Jahren aus dem Archiv des Deutschen Segelflugmu seums auf der Wasserkuppe
Nachdem 1895 Otto Lilienthal die ersten erfolgreichen Gleitflüge gelangen, die sich auf wenige Sekunden am Hang beschränkten, musste eine effizientere Methode entwickelt werden um auch größere und schwerere Gleiter zu starten. Bereits in den 1920er Jahren wurde so der Gummiseilstart ins Leben gerufen, hierbei ziehen zwei Mannschaften von je bis zu 10 Leuten ein am Segelflugzeug befestigtes Gummiseil zunächst straff und rennen im Anschluss schnellstmöglich um den Flugzeug möglichst viel Energie in Form von Geschwindigkeit und Höhe mitzugeben. Mit möglichst simplen Einsitzern wurde so Anfängerschulung betrieben.
Knapp 100 Jahre nach Entwicklung dieser Methode und ca. 90 Jahre nach dem Erstflug des Modells SG-38 (”Schulgleiter mit Erstflug 1938”), lebt diese Tradition immernoch. Mit Hilfe der ”Stiftung Segel-Flug-Geschichte” mit Sitz in Grenchen veranstaltete der Baden-Württembergische-Luftfahrt Verband (BWLV) ein ”Gummiseilstart Wochenende”. Unser Mitglied Lorenz Gessler hat daran teilgenommen und erfolgreich die Berechtigung zur Durchführung von Gummiseilstarts erlangt.ch
Der SG-38 gehört dem BWLV, das passende Gummiseil wurde durch die Schweizer Stiftung bereitgestellt. Ziel war es für alle der rund 25 Teilnehmer die benötigte Startzahl zum Erlangen (3 Starts), oder für die Piloten, welche die Berechtigung bereits haben, zum Aufrechterhalten (2 Starts in 2 Jahren) zu schaffen. Also insgesamt etwa 70 Gummiseilstarts.
Wenn man bedenkt, dass für jeden Start das schwere Gummiseil ausgelegt und von 20 Personen gespannt, anschließend das Flugzeug rennend in die Luft befördert werden muss und zuletzt Seil und Flugzeug die gesamte Strecke zurückgetragen werden müssen, wird klar, dass hier doch ein großer Aufwand nötig ist. Die hieraus entstehenden Flüge sind zwar nur 10-30 Sekunden lang, schafften es aber allen Teilnehmern ein Lachen ins Gesicht zu zaubern.
Nachdem am Freitag Mittag der SG-38 zuerst aufgebaut wurde, begannen die ersten Gummiseilstarts. Diese erfolgten auf dem Grunau Baby der FLG Grabenstetten. Lorenz konnte hier bereits seine ersten 2 Gummiseilstarts verzeichnen.

Grunau Baby beim Gummiseilstart, rechts und links sind die Seilmannschaften zu erkennen, welche V-förmig die Gummiseile vor dem Flugzeug straffen
Am Samstag wurden Gummiseilstarts auf dem SG-38 sowie einer privaten K8 durchgeführt. Die K8 ist durch ihr höheres Gewicht zwar schwieriger in Fahrt zu bekommen, konnte aber durch die vergleichsweise hohe Gleitleistung punkten (K8: Gleitzahl 25, SG 38: 8.5), um so die weitesten Starts des ganzen Wochenendes durchzuführen. Lorenz führte seinen dritten und damit letzten benötigten Start für die Berechtigung auf dem Nachbau der SG-38 durch. Das Gummiseil der Schweizer beschleunigte das leichte Flugzeug auf knapp 75 km/h und einige Meter hoch über den Boden, daraus wurden etwa 350m Strecke, kein Weltrekord aber eine Menge Spaß!
Am Sonntag wurden schlussendlich für alle verbleibenden Piloten die restlichen Starts bei marginalen Wetterbedingungen durch Hochnebel durchgeführt. Auch im nächsten Jahr ist es geplant ein Gummiseilstart Wochenende auf dem Klippeneck durchzuführen. Wer also Lust auf eine Zeitreise in die Vergangenheit, das Erlangen der Gummiseilstart-Berechtigung oder einfach nur auf Spaß auf dem Flugplatz hat, sollte schnell auf die Anzeige im Adler/Vereinsflieger reagieren, dieses Jahr waren bereits 15 Leute auf der Warteliste.
Lohnenswert ist die Veranstaltung für alle, die ein einzigartiges Flugerlebnis suchen und die Geschichte des Segelflugs hautnah erleben möchten. Das gemeinsame Ziehen des Gummiseils, das kurze aber explosive Abheben und die besondere Atmosphäre machen das Gummiseilstart-Wochenende zu einem unvergesslichen Erlebnis für jeden Segelflugbegeisterten