erster 1000km Flug vom Flugplatz Poltringen
Die magischen 1000km sind eine Leistung über die sich jeder Segelflugpilot freut. Das Ganze von seinem Heimatflugplatz zu schaffen ist dann eine ganz besondere Freude. Aus Poltringen wurde dies noch nie zuvor erreicht, auch wenn die Lage in Bezug auf Alb in Schwarzwald einige fliegerischen Möglichkeiten aufbringt.
Lorenz Gessler (22) vom FSV Unterjesingen e.V. ist diese hervorragende Leistung am 25.05.2022 gelungen. Nachdem er im Herbst 2021 auf den neuen Ventus 3M (Segelflugzeug mit Hilfsmotor zum Starten) umgeschult ist, war er seinem Ziel 1000km zu fliegen einen deutlichen Schritt näher gekommen.
Gessler meint : “Noch nie habe ich mich von Anfang an in einem Flugzeug so wohlgefühlt, es ist unfassbar wie gut die Luftbewegungen an den Piloten weitergeleitet werden, gleichzeitig lassen Ergonomie und Ruderabstimmung keinerlei Wünsche übrig.“
Am 25. Mai war es dann soweit. Sämtliche Wetterprognosen prophezeiten durch eine durchziehende Kaltfront wunderbares Rückseitenwetter. Der Plan war, nach dem Start in Poltringen, den Flug im Schwarzwald zu beginnen, anschließend in den Thüringer Wald zu fliegen und den Flug im Odenwald zu beenden.
Am Morgen des 25. Mai zogen dann die letzten Verbleibsel der Kaltfront durch und das gute Konvektionspotnzial wurde sichtbar. Bereits um kurz nach 9 waren die ersten Cumuluswolken im Schwarzwald sichtbar, was Lorenz um 9:25 Uhr veranlasste zu starten. Während dem Motorlauf war die Luft jedoch noch sehr ruhig. In rund 1670m (die hier maximal erlaubte Höhe) fuhr er etwas südlich von Calw den Motor ein und glitt Richtung Südwesten in den Schwarzwald. Anfangs mit nur sehr schwachen Luftbewegungen fand er bei Musbach den ersten kurbelbaren Bart. Die Wolkenuntergrenze war allerdings nur knapp über 1600m. Dank des guten Steigens gewann Lorenz Vertrauen und flog vorsichtig tiefer in den Schwarzwald hinein. Mit steigendem Gelände in Richtung Süden hob sich die Wolkenuntergenze ebenfalls auf bis zu 2000m an, was leider trotzdem nur 1000m über Grund sind.
Kurz vor Titisee-Neustadt machte Gessler um kurz vor 11 seine erste Wende und flog den Schwarzwald wieder Richtung Norden. „Im Nachhinein war ich auf diesem Abschnitt wohl viel zu vorsichtig, ich machte einige größere Suchkreise und nahm fast jedes Steigen mit“ meint Gessler. Denn um möglichst große Strecken im Segelfugzeug zu erreichen muss man schnell geradeaus fliegen und möglichst wenig kreisen. Da Lorenz allerdings sicher war, dass an diesem Tag 1000km möglich waren, wollte er auf Nummer sicher gehen und nicht unnötig den Motor einsetzen, denn die dann fehlenden 150km hätte er keinesfalls aufholen können. Die Wolkenoptik im Kraichgau war recht vielversprechend, die Bärte hörten jedoch bei etwa 1200m auf, somit musste er auch hier eher defensiv Richtung Odenwald fliegen. Kurz vor Walldürn fand Gessler endlich den Anschluss an das gute Wetter und konnte mit wunderbaren Aufreihungen und anständigen Steigwerten den Schnitt immer höher treiben. Im Thüringer Wald stieg das Stundenmittel dank starkem und zuverlässigem Steigen auf über 145km/h an.
Um kurz nach 2 wendete er mit Kurs Mannheim, jetzt hatte er einen langen Gegenwindschenkel vor sich, was den Piloten stark ausbremste. Aufgrund der hohen Feuchte in der Luft und dem daraus resultierenden hohen Bedeckungsgrad war es zudem schwer gute Thermiklinien aus der Ferne auszumachen. Hatte man die Linien jedoch einmal gefunden, ging es zügig gegen den Wind voran. Den Plan in den Rheingraben zu fliegen, verwarf Gessler schnell wegen der schlechten Wetteroptik.
Stattdessen ging es mit Aufreihungen und Rückenwind ein weiteres Mal überein Stundenmittel von 140km/h. Kurz vor den Nürnberger Luftraum wendetet er erneut, damit er bei dem von ihm vermuteten Thermikende um 19:30 zurück bei Mannheim war. Nach einem kurzen Absacker bei Würzburg fand er nochmal eine schöne Linie, welche ihn fast bis an die Kante des Odenwalds brachte. Wichtig ist: nach Thermikende kann man noch vorfliegen, aber nichtmehr kurbeln.
Östlich von Weinheim konnte er noch einen schwachen Bart annehmen, welcher ihn auf über 1600m brachte. Der Rechner sagte, dass er bereits bei 960km ist. Also alles nach Plan, das Backup „BASF-Werk“ benötigte er nicht einmal. Mit Rückenwind konnte er entspannt nochmal 50km abgleiten. Geschafft! Die ersten 1000km und noch dazu die 1. die jemals aus Poltringen geflogen wurden.
Für die restlichen Kilometer zurück in die Heimat nutzte Gessler den Motor um seinen Rückholern den langen Weg zu ersparen. Mit 2L verbleibendem Sprit kam er dann am Hang in Herrenberg an und konnte um 21 Uhr (sogar noch vor Sonnenuntergang) landen. Was ein Flug!
„Mein Dank geht an Uli Wild für die Bereitstellung des Segelfliegers, an den gesamten Verein und an Max für das frühe Aufstehen und Helfen. Außerdem noch an Amelie, Elena, Jannis, Kevin und Luis, die mir die passende Motivation für diesen Flug gegeben haben.
Ich hoffe, dass noch viele weitere 1000km Flüge aus Poltringen folgen!“ (Gessler)
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